PIES – Strömungen vermessen mit Echoloten am Meeresboden


Dies ist Post 2/3 in einer Reihe über unsere Erfahrungen und Aufgaben als ArcTrain-Doktoranden während der Forschungsfahrt M164 (GPF 19-1-105) im Sommer 2020 im subpolaren Nordatlantik. Hier geht es zu Teil 1/3 und hier zu Teil 3/3.

Eine Forschungsfahrt auf See bietet die großartige Möglichkeit, dem gewohnten Büroalltag zu entfliehen und Wissenschaft im Feld zu erleben. Mein Promotionsprojekt behandelt die jüngste Entwicklung verschiedener Komponenten des Stromsystems im Nordatlantik, die wichtigste Komponente dieses Systems ist die Verlängerung des Golfstroms, der Nordatlantikstrom. Im Sommer 2020 hatte ich die Gelegenheit, mit dem Forschungsschiff Meteor in den Nordatlantik zu fahren und mein Forschungsgebiet in der realen Welt zu erleben.

Jede Person an Bord eines Forschungsschiffs ist für eine bestimmte Aufgabe verantwortlich. Für diese Forschungsfahrt kümmerte ich mich um die sogenannten PIES, ähnlich wie Hannah, eine ArcTrain-Kollegin, vor einigen Jahren. PIES ist eine Abkürzung für Pressure Inverted Echo Sounder (invertiertes Echolot mit Drucksensor). Es handelt sich dabei um versiegelte Glaskugeln von der Größe eines Gymnastikballs mit diversen Messgeräten im Inneren. Sie werden auf dem Meeresboden eingesetzt und messen bis zu mehreren Jahren autonom die Laufzeiten eines Schallimpulses vom Meeresboden zur Meeresoberfläche und zurück. Aus diesen Messungen können Ozeanograph*innen die hydrographischen Eigenschaften und Geschwindigkeiten im Ozean ableiten. Meine Aufgabe umfasste das Auslesen und Bergen dieser Geräte. Da PIES mithilfe akustischer Signale messen und kommunizieren, saß ich dafür häufig mit Kopfhörern im Labor und achtete genau auf die Geräusche dieser Geräte im Wasser. Denn wenn wir die richtige Sprache verwenden, können wir tatsächlich mit ihnen sprechen.

Es ist immer eine Erleichterung, das Gerät wieder sicher an Bord zu wissen (Foto: D. Kieke).
Nach der Bergung wurde das Innere jedes PIES inspiziert. Unter der Plastikhaube bestehen sie im Grunde aus einer versiegelten Glaskugel mit einer Menge Elektronik (Foto: Y. Hinse).

Die systematische Untersuchung von Schall und seinen Eigenschaften im Ozean und die Verwendung für Seefahrt und Ozeanographie begann vor etwa einem Jahrhundert. Ursprünglich wurde Schall verwendet, um Abschätzungen der Tiefe des Ozeans zu verbessern. In den frühen Tagen der Seefahrt wurde ein Gewicht an einer Schnur verwendet, um die Wassertiefe zu messen. Dies bedeutete, dass das Schiff sehr langsam fahren musste, um die Tiefe zu messen und dass diese Messungen viel Zeit und Mühe erforderten. Dies änderte sich drastisch, als das Echolot erfunden wurde. Eine Schallquelle wurde zusammen mit einem Empfänger unter dem Schiff angebracht, um die Laufzeit zu bestimmen, bis das vom Schiff zum Meeresboden geschickte Schallsignal das Schiff wieder erreichte. Wenn die Schallgeschwindigkeit im Meerwasser bekannt ist, lässt sich so die Wassertiefe berechnen. Ein solches Echolot kann die Wassertiefe in nur wenigen Sekunden mit großer Genauigkeit bestimmen und wird daher in der Ozeanographie und Navigation noch immer verwendet. Jedoch bereitete das Echolot zu Beginn vielen Seeleuten Kopfzerbrechen, da die Messungen nicht vollständig mit der Messung mit dem klassischen Handlot übereinstimmten. Obwohl dies auch andere Ursachen haben kann (z.B. starke Strömung, die das Seil des Lots verschiebt), wurde im frühen 20. Jahrhundert festgestellt, dass die Laufzeit des Schallsignals nicht nur mit der Tiefe, sondern auch mit der Temperatur und dem Salzgehalt variierte. Tabellen zum Nachschlagen der Schallgeschwindigkeit für diverse Werte von Temperatur und Salzgehalt wurden veröffentlicht, um diese Schwankungen zu korrigieren. Diese Abhängigkeit sollte sich für das Messprinzip der PIES als wertvoll erweisen, als die Beschreibung der Veränderungen des Ozeans mehr und mehr eine Beschreibung des Zustands des Ozeans ergänzte.

Im westlichen Nordatlantik setzt sich der ehemalige Golfstrom als Nordatlantikstrom nach Norden fort. Da es sich immer noch um eine warme Strömung handelt, transportiert sie viel Wärme nach Nordosten und trägt so zur Aufrechterhaltung vergleichsweise milder Temperaturen in Europa bei. Änderungen in diesem Stromsystem haben direkte Auswirkungen auf das europäische Wetter und Klima. Daher sind Ozeanograph*innen besonders daran interessiert, die Änderungen der Volumentransporte zu messen, d.h. wie viel Wasser über einen festgelegten Zeitraum von den Strömungen transportiert wird. Volumentransporte werden berechnet, indem die Strömungsgeschwindigkeit über eine definierte vertikale Fläche gemessen wird. Die Multiplikation von Fläche und Geschwindigkeit ergibt den Volumentransport. Die Messungen zur Bestimmung dieser Transporte werden normalerweise durch wiederholte Forschungsfahrten und speziell entwickelte Strömungsmesser – Aufzeichnungsgeräte, die an einem Seil montiert sind, sogenannte Tiefsee-Verankerungen – geliefert, die mehrere Monate oder sogar Jahre im Meer installiert sind. Entweder aus direkten Geschwindigkeitsmessungen oder indirekt aus der vertikalen Verteilung von Temperatur und Salzgehalt und der daraus resultierenden Dichte an zwei verschiedenen Orten ist es möglich, den ozeanischen Volumentransport zwischen ihnen abzuschätzen.

Mit Schiffen können Ozeanograph*innen jedoch nicht jede Region mit der gewünschten zeitlichen Auflösung abdecken, und es ist nicht immer möglich, im ausreichenden Maß Instrumente in verschiedenen Tiefen in den Ozean zu bringen. Daher müssen Ozeanograph*innen häufig mit großen räumlichen und zeitlichen Datenlücken leben. Auch der junge Forscher und MIT-Doktorand Thomas Rossby war in den 1960er Jahren mit diesen Problemen konfrontiert. Er erinnerte sich an die Beziehung zwischen der Schallgeschwindigkeit im Meerwasser und seiner Temperatur und seinem Salzgehalt und hatte die Idee, dies in umgekehrter Weise zu nutzen. Wenn das Verhältnis der Schallgeschwindigkeit im Meerwasser zu seiner Temperatur und seinem Salzgehalt bekannt ist, lässt sich eine Technik entwickeln, mit der die Temperatur und der Salzgehalt aus der bekannten Schallgeschwindigkeit abgeschätzt werden können. Er entwickelte ein erschwingliches Gerät, das die Laufzeit eines Schallimpulses vom Meeresboden zur Meeresoberfläche und zurück misst. Dies ist das Grundprinzip der Inverted Echo Sounders (IES). Sie arbeiten wie Echolote, sind jedoch umgekehrt, stehen auf einem Metallrahmen, der als Bodengewicht dient, auf dem Meeresboden und zeigen zur Oberfläche. Wenn sie mit einem zusätzlichen Drucksensor ausgestattet sind, werden sie als Pressure Inverted Echo Sounders (PIES) bezeichnet. In vorgegebenen Intervallen senden sie Schallimpulse aus und messen die Zeit, die das Signal benötigt, um zur Meeresoberfläche zu gelangen, dort reflektiert zu werden und zum Instrument zurückzukehren. Mit Profilen von Temperatur und Salzgehalt, gemessen von Schiffen an denselben oder nahe gelegenen Orten als Referenzmessungen (und der daraus resultierenden Schallgeschwindigkeit), kann das ungefähre Profil von Temperatur und Salzgehalt aus dieser Laufzeit abgeleitet werden. Dies erfolgt durch Vergleichen der vom PIES gemessenen Laufzeit mit der aus den Referenzprofilen berechneten Laufzeit. Im Ozean bestimmen Temperatur und Salzgehalt die Dichte des Meerwassers, und Meeresströmungen werden durch horizontale Dichteunterschiede hervorgerufen, genau wie Winde in der Atmosphäre Hoch- oder Tiefdrucksysteme umströmen. Mithilfe der abgeleiteten Dichte und der Druckmessungen ist es möglich, den Volumentransport zwischen zwei PIES zu berechnen. In unserem Fall kann mit acht PIES im Wasser der Volumentransport über mindestens sieben Segmente im Nordatlantik berechnet und zu bestehenden Transportzeitreihen von zum Teil mehr als einem Jahrzehnt hinzugefügt werden. Diese Zeitreihen liefern wichtige Informationen über den Zustand der Zirkulation im Nordatlantik.

Der Computer kann die Sprache der PIES in Werte der gemessenen Messgrößen umrechnen (Foto: D. Kieke).

Aber warum saß ich mit Kopfhörern, den Geräuschen der PIES lauschend, im Labor, wenn wir sie doch bergen sollten? Die PIES weisen eine Besonderheit auf: Wir können tatsächlich mit ihnen „sprechen“. Mithilfe eines Hydrophons – im Grunde ein wasserdichtes Mikrofon und Lautsprecher – können wir akustische Befehle an das Gerät senden und die Antworten hören. Das PIES versteht verschiedene Befehle, einschließlich CLEAR („Unterbrich, was du tust, und sag mir, ob du mich hören kannst“), TELEMETRY („Sag mir, was du seit dem letzten Auslesen der Daten aufgezeichnet hast“) und RELEASE („Löse dich von deinem Bodengewicht und komme an die Oberfläche“). Der TELEMETRY-Befehl wird verwendet, um eine komprimierte Form der aufgezeichneten Daten über akustische Signale, ähnlich dem Morsecode, zu empfangen, bevor das Instrument geborgen wird. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass während der Bergung etwas schiefgeht und das Instrument leider nicht geborgen werden kann, sind zumindest die Daten gesichert. Wenn das PIES den TELEMETRY-Befehl empfängt, beginnt es mit dem Senden von akustischen Signalen auf unterschiedlichen Frequenzen und in verschiedenen Intervallen, die von einem Computer in die vom Instrument gemessenen Parameter übersetzt werden können. Wenn die Datenübertragung über akustische Telemetrie beendet ist, kann das PIES geborgen werden. Die Bergung erfolgt meist nachts, da die PIES mit einem hellen Blinklicht ausgestattet sind, das nachts am besten sichtbar ist.

Es ist kurz vor Mitternacht und ich sitze mit Kopfhörern im Labor. Die akustische Telemetrie unseres letzten PIES für diese Forschungsfahrt wurde erfolgreich abgeschlossen und die Daten wurden sicher auf einer Festplatte gespeichert. Ich habe den RELEASE-Befehl an das PIES gesendet, und das Gerät hat bestätigt, dass es sich von seinem Bodengewicht gelöst hat. Da es ohne das Gewicht jetzt Auftrieb hat, steigt es unter ständigem Pingen an die Oberfläche. Von der Laufzeit dieser Pings bis zum Hydrophon des Schiffes kann ich die Tiefe ableiten, bis zu der das Gerät bereits aufgestiegen ist. Ich kann sehen, dass das Gerät kurz vor dem Auftauchen ist. Daher befinden sich fast alle Fahrtteilnehmer*innen, die gerade wach sind, auf der Brücke und halten in der Dunkelheit der Nacht nach einem blinkenden Licht Ausschau.

FORTSETZUNG FOLGT

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.