Wir müssen reden


Die meisten dürften diesen unheilvollen Satz kennen, vielleicht von Vorgesetzten, dem/der Partner*in oder den Eltern. Und die meisten -mich eingeschlossen- dürften nicht die besten Erinnerungen daran haben. Das will ich heute ändern: Thema dieses Artikels soll die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit sein und warum sie so wichtig ist.

Zugegebenermaßen erforschen wir Dinge, von denen die Meisten von euch noch nichts gehört haben. Damit nicht genug, benutzen wir auch noch unsere eigene Fachsprache. Da kann es schon mal schwer sein, den Verständlichkeitsschalter von ‘Wissenschaft’ auf ‘Öffentlichkeit’ zu stellen, wenn wir die Büros verlassen. Fragt mich, was ich mache und ich sage wahrscheinlich so etwas wie:

‘Ach, nichts Besonderes. Die Untersuchung der komplementären wellenlängenabhängigen Ansätze, um die Meereiskonzentration aus Messungen mittels weltraumbasierter Fernerkundung abzuleiten und die optimale Nutzung der jeweiligen Charakteristika dieser Ansätze. Leichte Übung, echt.’

Vermutlich seid ihr irgendwann in der Mitte des Satzes eingeschlafen, und zwar völlig zurecht. Aber woher kommt das?

Mein Lieblingsspielzeug und ich bei Science goes PUBlic. Credit: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Als Wissenschaftler*innen kriegen wir in die Wiege gelegt, dass unsere Glaubwürdigkeit unser wichtigstes Gut ist. Jedes kleine Wort muss auf die Goldwaage gelegt werden. Daher wollen wir absolut sichergehen, dass ihr zu 100 % versteht, was wir machen, wenn wir darüber reden. Und da exakte Erklärungen nur in unserer eigenen Fachsprache funktionieren, schrecken wir vor Vereinfachungen zurück. Das stimmt sicherlich nicht für alle Wissenschaftler*innen. Trotzdem denke ich, dass das letzten Endes der Grund für das Klischee der/des Wissenschaftler*in ist, die/der irgendwo im Elfenbeinturm sitzt und Dinge tut, die niemand verstehen kann. Und, was noch schlimmer ist: niemand weiß, warum diese Dinge wichtig sind. Als Wissenschaftler*innen ist es unsere Aufgabe, das zu ändern.

 

 

Wissenschafterl*innen aus Brermerhaven und Bremen beim March for Science in Bremen (April 14, 2018). Credit: V. Kirillova

Immerhin werden wir von euren Steuergeldern bezahlt. Das deutsche Bildungsministerium hat 2017 mehr als 250 Millionen € für Grundlagenforschung ausgegeben. Gewissermaßen sind wir also eure Angestellten und ihr unsere Auftraggeber*innen. Könnt ihr euch eine Firma vorstellen, in der die/der Auftraggeber*in ankommt und fragt ‘Sagt mal…was macht ihr eigentlich mit dem Geld, das ich euch bezahle?’ und die Antwort lautet ‘Hmmm…ja, könnte ich dir erklären. Aber du würdest es sowieso nicht verstehen. Ist aber gut für dich, glaub’ mir das mal!’ Ich bin kein Ökonom. Aber ich denke, diese Firma wäre pleite bevor man ‘Wir müssen reden’ sagen kann. Es kann gut sein, dass es schwer wird. Vermutlich werden wir Wissenschaftler*innen unsere Angst vor übermäßiger Vereinfachung überwinden. Vielleicht müssen wir sogar lernen, anders über Wissenschaft zu denken. Aber wir müssen lernen, unsere Forschung auf ein paar gut verständliche Sätze herunterzubrechen.

Das lässt sich aber auch von der anderen Seite betrachten: Stellt euch vor, ihr bezahlt jemanden und fragt ‘Sag mal…was machst du eigentlich mit dem Geld, das ich dir bezahle?’ und die Antwort lautet ‘Hmmm…ja, könnte ich dir erklären. Aber du würdest es sowieso nicht verstehen. Ist aber gut für dich, glaub’ mir das mal!’ und ihr sagt ‘Ok, alles klar. Viel Spaß!’. Vermutlich nicht. Immer mehr Wissenschaftler*innen gehen in die Öffentlichkeit und es gibt zahlreiche Blogs, Twitter-Accounts, Wissenschaftsjournalisten und so weiter. Unten stehen einige Beispiele.

Besonders jetzt, wo es so leicht ist wie nie, Falschinformationen zu verbreiten, ist es wichtig, verlässliche Informationen zu kriegen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir miteinander reden. Lasst uns zusammen daran arbeiten!

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