Wind, Wellen und PIES – Eine ArcTrain Doktorandin unterwegs


Nachdem Ihr nun sicher bereits einige Blogeinträgen gelesen habt, ist es sicher keine Überraschung mehr, dass man als ArcTrain Doktorand*in nicht nur Zeit vorm Computer oder im Labor verbringt. Stattdessen darf man auch einmal das vertraute und gemütliche Büro und den Schreibtisch verlassen und hinaus in die reale Welt, mit der man sich in der Theorie schon so lange beschäftigt hat.

Da ich in der Ozeanographie promoviere, bedeutet dieses Hinausgehen in die echte Welt für mich, weit weg von allem Anderen einige Wochen auf einem Forschungsschiff zu verbringen, um damit den Atlantik zu überqueren. Und als ob es noch nicht genug wäre, mitten im Nichts auf dem Atlantischen Ozean unterwegs zu sein, bewegt sich mein neues Zuhause/Büro/Labor ziemlich stark (gerade während ich dies schreibe, versuche ich, mich mit meinen Beinen irgendwie vor dem Laptop festzuklemmen, um nicht durch den ganzen Raum hin und her zu rutschen.)

Vorbeiziehender Eisberg. (Foto: Hannah Nowitzki)

Vorbeiziehender Eisberg. (Foto: Hannah Nowitzki)

Ich bin definitiv kein Fan großer Wellen (und nach einigen Stunden oder sogar Tagen starken Wellengangs hatten auch diejenigen unter uns, die sich heimlich “ein kleines bisschen Sturm und große Wellen” gewünscht hatten, genug davon). Dennoch ist es sehr beeindruckend zu erleben, wie abhängig wir doch von der Natur sind. Und dieses Gefühl lässt sich einfach nicht am Schreibtisch oder im Labor nachvollziehen. Jeder einzelne Datenpunkt, mit dem ich arbeite, wird auf einmal so viel wertvoller, nachdem ich miterleben konnte, wie schwierig es doch ist, überhaupt an diese Daten zu kommen.

Auch wenn die Wetterbedingungen eine essentielle Rolle für so eine Seereise spielen, dreht sich dennoch natürlich nicht immer alles ums Wetter. Der Grund weswegen wir hier sind, ist unsere Forschung und der Grund, weswegen ich hier bin, sind hauptsächlich PIES, was die Abkürzung ist für ‚Pressure sensor equipped Inverted Echo Sounder‘, also für Bodenecholote mit Drucksensor.

Die Küste von Grönland voraus. (Foto: Hannah Nowitzki)

Die Küste von Grönland voraus. (Foto: Hannah Nowitzki)

Diese PIES sind nette kleine Messinstrumente, die für einige Jahre auf dem Meeresboden stehen können. Dabei messen sie Variationen im Bodendruck sowie die akustische Laufzeit eines Signals, das sie selbst aussenden und das an der Meeresoberfläche reflektiert und damit wieder zum Gerät zurück gesandt wird. Da die Laufzeit dieses akustischen Signals von der Schallgeschwindigkeit im Wasser abhängig ist und diese wiederum von der Wassertemperatur und dem Salzgehalt abhängt, lassen sich über diese Messung die Temperatur und der Salzgehalt im Wasser bestimmen.

Während einer Seereise lesen wir die Daten der PIES dann entweder akustisch aus, wobei sie am Meeresboden stehen bleiben können, oder wir holen ein Instrument an Bord, was alle paar Jahr zum Batteriewechsel und zur weiteren Pflege notwendig ist, und setzen es danach wieder aus.

Sonnenuntergang über dem Meer. (Foto: Hannah Nowitzki)

Natürlich gibt es abgesehen davon noch viele weitere Arbeiten, die während einer Seereise getan werden müssen. Diese haben allesamt etwas gemeinsam, was sie von der Arbeit zu Hause unterscheidet: Zunächst einmal kann man auf See natürlich nur genau die Werkzeuge und Ersatzteile nutzen, die auch eingepackt wurden – fehlt etwas, dann muss man kreativ werden und eine andere Lösung finden. Außerdem wird bei Wellengang all das, was man an Land problemlos durchführen konnte, plötzlich ungleich schwieriger. Das Befüllen einer kleinen Röhre mit Öl mithilfe einer Spritze z.B., das auch unter normalen Bedingungen etwas Geschicklichkeit erfordert, kann sich als nahezu unmöglich herausstellen, wenn du nicht nur die Spritze, sondern auch noch dich selbst festhalten musst.

Abgesehen von der wissenschaftlichen und technischen Seite des Bordlebens ist natürlich aber auch das soziale Leben an Bord, und die Tatsache, für einige Wochen auf einem Schiff unterwegs zu sein, eine sehr spezielle Erfahrung. Man lernt seine Kollegen sehr gut kennen in dieser Zeit, kann Dinge tun, für die man an Land nie die Zeit hätte – zum Beispiel ein Echtzeit-Werwolf-Spiel spielen – oder bestaunt Eisberge und die Küste Grönlands im Sonnenuntergang…

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